Bundeshymne: Mehrheit der österreichischen Bevölkerung bevorzugt den Originaltext

23. Jul 2014 • News • market • Marktforschung • Wirtschaft, Politik & Gesellschaft • Kultur

Ginge es nach der Mehrheit der Österreicher, so würde über den Text der Bundeshymne vom Volk entschieden werden – Herr und Frau Österreicher haben nämlich nur wenig Verständnis für gendergerechte Formulierungen. Das zeigt eine aktuelle market-Studie unter 403 ÖsterreicherInnen im Auftrag des STANDARD.

53 Prozent wollen Volk zur Hymne fragen

Die Österreicher haben wenig Verständnis für gendergerechte Formulierungen. Am alten Text der Bundeshymne - ohne die Erwähnung der Töchter - halten 72 Prozent weiterhin fest

Linz - Ginge es nach den österreichischen Wahlberechtigten, dann würden die Töchter aus der Bundeshymne wieder eliminiert. Das zeigt eine in der Vorwoche durchgeführte Market-Umfrage unter 403 Personen. Die Fragestellung im Auftrag des Standard: "Zuletzt noch zur Bundeshymne: Deren Text ist ja vor zweieinhalb Jahren geändert worden. Bevorzugen Sie den alten oder den neuen Text?"

Darauf sagten 72 Prozent, dass sie immer noch den alten Text bevorzugten - wobei Männer mit 82 Prozent stärker am Text ohne Töchter hängen als Frauen (62 Prozent). Umgekehrt zieht jede fünfte Frau, aber nur jeder elfte Mann den neuen Text vor.

Hohe Akzeptanz bei Grünen

Noch deutlicher ist der Unterschied zwischen der höchsten Bildungsschicht, wo 24 Prozent die neue Fassung verinnerlich haben, und den bildungsfernen Personen, von denen nur sechs Prozent den neuen Text mögen. Unter den Parteiwählerschaften stechen einzig die deklarierten Grünen mit relativ hoher Akzeptanz der neuen Hymne hervor. Das Alter der Befragten hängt mit dem Antwortverhalten dagegen nicht zusammen.

Market fragte weiter: "Im neuen Text der Bundeshymne kommen ja neben den 'großen Söhnen' auch 'große Töchter' vor. Sollte darüber das Volk befragt werden, oder ist dieser Text, so wie er ist, zu akzeptieren?" In dieser Fragestellung nimmt die Akzeptanz des neuen Hymnentextes auf 32 Prozent zu - 53 Prozent aber wünschen sich eine Volksbefragung. Einen entsprechenden Vorschlag hatte ja der Schlagersänger Andreas Gabalier gemacht, nachdem er mit der Darbietung des seit Kindertagen gewohnten Textes beim Grand Prix am Österreichring für Aufregung gesorgt hatte.

Freiheitliche wollen gefragt werden

Das Volksbefragungsthema war vor allem von der FPÖ ernst genommen worden - es sind denn auch die deklarierten FPÖ-Wähler, die mit der deutlichsten Mehrheit dem Vorschlag zustimmen. In der Bevölkerung verfängt er bei Männern etwas stärker als bei Frauen, bei Pflichtschulabsolventen stärker als bei Maturanten. Und: Diejenigen, die in der vorigen Frage den neuen Text bevorzugt haben, sind mit der größten Mehrheit gegen ein Plebiszit.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine - vor Beginn der Diskussion durchgeführte - Umfrage des Linzer Spectra-Instituts unter 1000 Österreichern: Nur rund die Hälfte davon können mit Begriffen wie "geschlechtergerechte Sprache" oder "geschlechtergerechtes Formulieren" spontan etwas anfangen. Je jünger die Befragten und je höher ihr Bildungsniveau, desto höher auch das Begriffsverständnis.

Frauen folgen Forderung mehrheitlich nicht

Die Einschätzung der Marktforscher von Spectra lautet: "Die Argumente für die Verwendung geschlechtergerechter Sprache sind den Ergebnissen nach in der breiten Bevölkerung entweder zu wenig bekannt oder aber werden nicht geteilt. Interessant ist, dass die Unterstützung durch Frauen weit weniger deutlich ausfällt, als man zunächst erwarten dürfte. Die Mehrheit der Frauen folgt der Forderung nach einer geschlechtergerechten Sprache nicht."

Allerdings sagen 16 Prozent der Frauen und nur acht Prozent der Männer, dass sie sich selbst um geschlechtergerechte Formulierungen bemühten. Die Aussage "Das Thema geschlechtergerechte Sprache ärgert mich mittlerweile. Ich halte alle diese Maßnahmen für übertrieben und kann darauf verzichten" wird von Frauen (29 Prozent) und Männern (32 Prozent) etwa gleich stark unterstützt - hier zeigen sich aber starke Unterschiede in den Altersgruppen: Unter den über 50 Jahre alten Befragten ärgern sich mehr als doppelt so viele Befragte wie unter den Befragten unter 30.

Die Schreibung mit Binnen-I bekommt von allen möglichen Varianten gendergerechter Bezeichnungen (genannt wurden auch: beide Formen ausschreiben, Schreibung mit Schrägstrich) die schlechtesten Noten. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 19.7.2014)