Öffentliche Ausschreibungen: Gute Vorbereitung ist die halbe Miete

Vor allem für kleinere Unternehmen sind öffentliche Ausschreibungen eine perfekte Möglichkeit, um an interessante Aufträge zu gelangen. Zumindest in der Theorie. Denn die Praxis zeigt, dass sich Kleinbetriebe in Österreich oftmals von den formalen Anforderungen abschrecken lassen und das Feld deshalb kampflos den großen Playern überlassen.

Anbieter: marktmeinungmensch
Veröffentlicht: Sep 2022
Preis: kostenlos
Studientyp: Blog & Paper
Branchen: Wirtschaft, Politik & Gesellschaft
Tags: Öffentliche Ausschreibungen

Wer sich jedoch ein wenig intensiver mit dem Thema befasst, stellt schnell fest: Alles halb so wild. Der erste und wichtigste Schritt ist vor allem eine entsprechend gute Vorbereitung auf die Ausschreibung. 


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Viele kleine Unternehmer schrecken schon beim Lesen der Anforderungen davor zurück, an einer öffentlichen Ausschreibung teilzunehmen.

Das Potenzial ist riesig

Wer als Unternehmer noch immer davor zurückschreckt, an öffentlichen Ausschreibungen teilzunehmen, sollte sich einmal die nackten Zahlen zu Gemüte führen. Laut dem Leitfaden „Fit für den Wettbewerb – So sind sie erfolgreich bei öffentlichen Ausschreibungen“, der vom Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft auf deren Webseite veröffentlicht wurde, lag das Gesamtvolumen der öffentlichen Beschaffungen in Österreich im Jahr 2015 bei 46 Milliarden Euro. Damit machen die Ausschreibungen rund 13,3 Prozent der Gesamtwirtschaftsleistung des Landes aus.

EU-weit vergeben rund 250.000 Stellen öffentliche Aufträge, allein in Österreich sind es an die 8.000 Auftraggeber. Rund 25.000 Aufträge pro Jahr unter dem derzeitigen Schwellenwert von 221.000 Euro werden von österreichischen Auftraggebern jährlich vergeben. Für diese Aufträge besteht zwar eine verpflichtende Bekanntmachung in Österreich, nicht jedoch EU-weit.

„Kleinere“ öffentliche Aufträge unter 100.000 Euro können sogar auf dem Weg der Direktvergabe beauftragt werden. In diesem Fall wird der Auftrag also ohne Durchführung eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens übergeben.

Wer sich selbst ein Bild vom Angebot machen und in Österreich Aufträge finden möchte, findet unter anderem auf der Webseite von DOCUmedia die Gelegenheit dazu. Aktuell sind in der dortigen Datenbank über 11.000 öffentliche Ausschreibungen quer über alle Branchen gelistet. Allein in Wien werden aktuell weit über 3.000 Aufträge öffentlich vergeben.

Die entscheidende Frage lautet: Warum schrecken vor allem kleine Unternehmer noch immer davor zurück, an einer entsprechenden Auftragsvergabe teilzunehmen?

Der Aufwand und das erforderliche Know-how werden als zu hoch eingeschätzt

Das liegt vor allem daran, dass viele Firmenchefs der Meinung sind, eine öffentliche Ausschreibung bedeutet zum einen enormen personellen Aufwand und zum anderen jede Menge juristisches Know-how, um nicht schon an den Formalitäten zu scheitern.

Andererseits sind sie auch nicht bereit, in entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen ihrer Mitarbeiter zu investieren. Eine Studie zur Investitionsbereitschaft österreichischer Unternehmer in Weiterbildung, die vom Institut für höhere Studien im Mai 2022 durchgeführt wurde, bestätigt diese These. Während der Anteil der Betriebe an den Gesamtausgaben für Weiterbildung im Land im Jahr 2009 noch bei 41 Prozent lag, ist er im Laufe eines Jahrzehnts um über zehn Prozent zurückgegangen.

Im internationalen Vergleich von fünf Ländern schneidet Österreich bei der Weiterbildung für Mitarbeiter ebenfalls sehr schlecht ab und belegt nur den vorletzten Platz. Zum Vergleich: In Deutschland liegt der Wert bei 44 Prozent.

Das Angebot an Weiterbildungsmaßnahmen wäre am Markt vorhanden. Unter anderem bietet Business Circle einen entsprechenden Lehrgang zum Vergaberecht in Österreich an, der die Teilnehmer in insgesamt neun Tagesmodulen mit den wesentlichen Informationen versorgt. Bei den Vortragenden handelt es sich um führende Expertinnen und Experten des österreichischen und europäischen Vergaberechts wie etwa Michael Fruhmann vom Bundesministerium für Justiz und Michael Sachs vom Bundesverwaltungsgericht.


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Am Angebot mangelt es nicht. Es gibt zahlreiche Weiterbildungsmaßnahmen zum Thema „Öffentliche Ausschreibungen“ in Österreich.

Erfolg braucht vor allem eines: Gute Vorbereitung

Wer an einer öffentlichen Ausschreibung teilnehmen möchte, sollte zunächst überprüfen, ob seine Organisation bereits die Bedingungen dafür erfüllt. Das beginnt bereits mit der Kenntnis darüber, wie hoch die Kosten der einzelnen Leistungen im Unternehmen pro Einheit derzeit sind und mit dem Wissen, ab welchem Preis diese kostendeckend sind.

Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Zeichnungsbefugnisse innerhalb des Unternehmens klar geregelt und die verantwortlichen Personen im Betrieb auch laufend erreichbar sind. Die Buchhaltung sollte in der Lage dazu sein, Kostenstellen einzurichten, mit denen die Kosten verursachungsgerecht nach Personal- und Sachkosten zugerechnet werden können.

Typischerweise geforderte Unterlagen wie etwa der Firmenbuchauszug, die Gewerbeberechtigung, eine Unbedenklichkeitsbestätigung des Finanzamtes, eine Lastschriftanzeige der Gebietskrankenkasse sowie Lebensläufe der Belegschaft sollten in aktueller Fassung für das Ausschreibungs-Team bereitstehen. Schließlich sollte auch die Möglichkeit zur digitalen Signatur im Unternehmen vorhanden sein und auch das Wissen darüber, wie diese in der Praxis funktioniert.

In weiterer Folge geht es darum, die personellen Voraussetzungen für eine Ausschreibung zu schaffen. Das heißt, es sollte ein kleines Team aus kompetenten Personen erstellt werden, die bereits Erfahrungen im Projektmanagement gesammelt haben. Die Organisation sollte so aufgestellt sein, dass dieser Personenkreis auch für temporäre Projekte abgestellt werden kann.  

Einen wichtigen Aspekt nimmt auch die PR-Arbeit ein. Um ein entsprechend gutes Bild in der Öffentlichkeit von sich zu zeichnen, ist es wichtig, regelmäßig über erfolgreiche Projekte des Unternehmens zu berichten. Dabei geht es neben dem Aufbau eines allgemein positiven Images vor