Glücksspiel und Sportwetten verlagern sich rasch ins Internet
06. Jun 2017 • News • BRANCHENRADAR • Branchenstudien • Marktdaten • Marktforschung • Wirtschaftsstatistik • Wirtschaft, Politik & Gesellschaft • Tourismus, Freizeit & Sport • Online & IKT & Elektronik • Handel & Dienstleistung

„Für den Gesetzgeber besteht akuter Handlungsbedarf“, so fasst Studienautor Andreas Kreutzer die aktuelle Situation am heimischen Markt für Glücksspiel und Sportwetten zusammen. Denn abgesehen davon, dass die Nachfrage seit drei Jahren vergleichsweise rasch wächst, verlagert sich das Geschäft mehr und mehr ins Internet.
Die Fakten: In den letzten drei Jahren (seit 2013) wuchsen die Brutto-Spielerträge (Einsätze abzüglich Gewinnausschüttungen, vor Steuern und Abgaben) der Anbieter um insgesamt um 10,5% geg. VJ, nachdem der Markt die Jahre davor (2011-2013) nahezu stagnierte (+1,0% geg. VJ). Alleine im Jahr 2016 lag das Wachstum bei plus 3,8% geg. VJ auf nunmehr 1.610 Millionen Euro. Zudem verlagerten sich Glücksspiel und Sportwetten in den letzten Jahren mehr und mehr ins Internet und hier primär zu Anbietern mit Firmensitz im Ausland. Für den österreichischen Staat ist das in zweifacher Hinsicht nicht ganz unproblematisch. Zum einen sind ausländische Glücksspiel- und Sportwetten-Unternehmen der gesetzlichen Kontrolle durch österreichische Behörden weitgehend entzogen. Zum anderen ist im Onlinebereich – im Gegensatz zum stationären Angebot – ein einheitlicher, gesetzlich verankerter Spielschutz nicht umsetzbar.
Bereits mehr als ein Viertel aller Spiel- und Wetterträge kommen von Internet-Plattformen
Im Online-Glücksspiel erhöhten sich die Brutto-Spielerträge seit 2013 um 47 Prozent. Speziell im vergangenen Jahr war der Anstieg mit plus 21,5% geg. VJ substanziell. Insgesamt wurden 2016 im Online-Glücksspiel 185 Millionen Euro eingenommen. Zudem wuchsen seit 2013 die ausländischen Anbieter mehr als doppelt so rasch wie der einzige legale österreichische Anbieter win2day.at.
Die dynamische Entwicklung des Online-Glücksspiels ist im Wesentlichen auf zwei Faktoren zurückzuführen. Zum einen profitiert man ganz generell von Substitutionseffekten infolge des rasch sinkenden Angebots im stationären Bereich, insbesondere von den gesetzlichen Restriktionen gegen das Automaten-Glücksspiel außerhalb von Kasinos. Zum anderen – und das gilt speziell für 2016 – wurde die Nachfrage aber auch indirekt durch die Fußball-Europameisterschaft in Frankreich angeschoben. Denn das sportliche Großereignis führte erwartungsgemäß zu einem massiv gesteigerten Aufkommen an Sportwetten, an dem Online-Wettportale im vergangenen Jahr überproportional partizipierten. Und da praktisch alle Online-Wettportale auch Online-Glücksspiel anbieten, brachte die erhöhte, sportwetten-induzierte Kundenfrequenz auch im Online-Glücksspiel ein substanzielles Plus.
Dass auch bei Sportwetten Internet-Anbieter deutlich besser performten als der stationäre Bereich, also bspw. Wettlokale, ist ebenfalls primär auf staatliche Eingriffe zurückzuführen. Denn nachdem bundesweit auf Länderebene die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen für das Automaten-Glücksspiel festgezurrt wurden, machten und machen sich die Bundesländer daran, nun auch den Sportwetten-Markt gesetzlich neu zu regeln. Da man allerdings nur eine Handhabe gegenüber dem stationären Bereich hat, reduzieren die beschlossenen Restriktionen das Angebot auch nur in diesem. Als Schuss ins Knie hat sich dabei vor allem die Eindämmung von Wettautomaten erwiesen, weil gerade diese – in vielen Bundesländern als vorrangig erachteter Beitrag zum Spielerschutz – nachweislich zu einer vermehrten Platzierung von Sportwetten im Internet führte. Folglich wuchsen im letzten Jahr die Brutto-Wetterträge auf Internet-Wettportalen um 33,8% geg. VJ, im stationären Bereich um 13,0% geg. VJ. Insgesamt erhöhten sich die Brutto-Wetterträge bei Sportwetten im Jahr 2016 um 18,8% geg. VJ auf nunmehr 221 Millionen Euro. Klammert man Lotterien aus, wurden demnach im Jahr 2016 bereits nahezu 27 Prozent aller Spiel- und Wetterträge im Internet erzielt.
Als einzige stationäre Spielart profitieren die Spielbanken von den skizzierten staatlichen Eingriffen in den Markt. Nicht zuletzt als Folge der länderspezifischen Regulierung des Automaten-Glücksspiels wuchsen die Brutto-Spielerträge in den heimischen Kasinos auch im letzten Jahr signifikant um 5,5% geg. VJ auf 224 Millionen Euro. Seit 2013 ist der Bruttoumsatz der Kasinos um ein Drittel gestiegen, kumuliert immerhin um knapp 56 Millionen Euro. Weniger gut lief das Geschäft im vergangenen Jahr indessen im Lotterie-Glücksspiel und im Automaten-Glücksspiel außerhalb von Spielbanken. Der Brutto-Spielertrag sank um -1,1% geg. VJ auf 656 Millionen Euro bzw. um -3,9% geg. VJ auf 325 Millionen Euro.
„Wir benötigen ein gesetzliches Regelwerk, das keine Spielart diskriminiert und keine Anbietergruppe bevorzugt“, ist sich Andreas Kreutzer, Geschäftsführer von KREUTZER FISCHER & PARTNER, sicher: „Es kann nicht die Aufgabe des Staates sein, einseitig in Marktentwicklungen einzugreifen.“ Denn Spielerschutz ist wichtig und richtig, sollte allerdings für alle Formen von Glücksspiel und Sportwetten gelten und deshalb segmentübergreifend geregelt werden. Um ihn auch im Online-Bereich umsetzen zu können, sind dementsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Die Konzepte dafür liegen bekanntlich seit Jahren auf dem Tisch. Sie müssen nur umgesetzt werden…
Marktentwicklung Glücksspiel & Sportwetten in Österreich | Nettoerlöse (Bruttospielertrag) in Mio. Euro
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