Alt überstimmt Jung - Machtwechsel der Generationen

01. Jul 2016 • News • Ipsos • Marktforschung • Trendforschung • Wirtschaft, Politik & Gesellschaft

Die Kluft in der Werteorientierung zwischen Jung und Alt nimmt in Deutschland zu. In Kombination mit dem demografischen Wandel bewirkt das auch einen Wandel der mehrheitsfähigen Werte. Die Jungen werde, in europäischen Ländern wie Deutschland, Großbritannien oder Österreich immer mehr zur Minderheit, die ältere Generation immer stärker zur entscheidenden Mehrheit. Deutlich wurden die neuen Mehrheitsverhältnisse bei der Brexit-Entscheidung in Großbritannien.

Selbstständigkeit und Selbstvertrauen versus Höflichkeit und Anstand

Bei der Frage, welche Werte im Leben besonders wichtig sind, gibt es nur eine Übereinstimmung: Jung (14-24 Jahre) und Alt (65+ Jahre)  messen der Ehrlichkeit den größten Stellenwert in ihrer Wertehierarchie zu. Ansonsten setzen die Generationen ganz unterschiedliche Prioritäten:

  • Die Jungen legen großen Wert auf die „Selbstständigkeit“, für die 65plus-Generation ist die „Höflichkeit“ wichtiger.
  • Für die Jüngeren steht  „Freundlichkeit“ auf Platz 3, bei Senioren nimmt „Verlässlichkeit“ diesen Platz ein.
  • Die Jungen betonen besonders das „Selbstvertrauen“, die ältere Generation weist hingegen mehr auf die Bedeutung von „Benehmen und Anstand“ hin.
  • Bei den Älteren zählt "Fleiß" zu den fünf wichtigsten Werten im Leben, für die Jungen hat „Hilfsbereitschaft“ eine größere Bedeutung.

Demografischer Wandel - Alterspyramide entmachtet die Jungen

Sicher hat es in den Werteorientierungen und Lebenseinstellungen schon immer Unterschiede zwischen den Generationen gegeben. „Neu ist hingegen das generative Ungleichgewicht in einem historisch unvorstellbaren Ausmaß“ betont Professor Opaschowski und nennt ein Beispiel: Noch 1967 hatte das amerikanische Nachrichtenmagazin „Time“ die Generation der unter 25-Jährigen zur Persönlichkeit des Jahres („Man of the Year“) erklärt. Sie war dominant und tonangebend. 44 Prozent der Einwohner Deutschlands waren seinerzeit keine dreißig Jahre alt.

Jetzt kehrt sich das Verhältnis um. Es kommt zu gravierenden Veränderungen in der Altersstruktur der Bevölkerung. Opaschowski: „Der Übermacht der Alten kann schon bald die Ohnmacht oder gar Entmachtung der Jungen gegenüberstehen. Wird in naher Zukunft die Generation 65plus zum ‚Man of the Year‘ erklärt werden, weil es bis zum Jahr 2060 in Deutschland nur noch halb so viele junge Einwohner unter 20 Jahren wie Menschen im Alter von über 65 Jahren gibt?“ (vgl. Statistisches Bundesamt 2015: Bevölkerung Deutschland bis 2060). Mit der weiteren Zunahme der Lebenserwartung kann es zu neuen gesellschaftlichen Generationskonflikten kommen.