Deutscher Pflegemarkt 2018 - Die Pflege fühlt sich von Politik im Stich gelassen

16. Jan 2018 • News • psyma • Marktforschung • Infografik • Wirtschaft, Politik & Gesellschaft • Gesundheit

Professionelle Pflegekräfte fühlen sich gesellschaftlich wenig wertgeschätzt und von der Politik im Stich gelassen. Ausgestattet mit einer Ausbildung, deren Qualität sie überdurchschnitt-lich schätzen, wird ihr Umfeld von Kontroversen geprägt.


Pflege fühlt sich von der Politik im Stich gelassen Alle Befragten sehen einen geringen Stellenwert der Pflege in der Politik – vor allem gilt dies für die professionelle Pflege selbst.

Nimmt man die demographische Entwicklung in Deutschland oder anderen Ländern Europas zum Anlass, so werden wir nicht nur einen Anstieg an betreuungsbedürftigen Menschen im Bereich der Pflege erleben, sondern parallel dazu einen steigenden Bedarf an Produkten und Dienstleistungen, welche diese Stakeholder zukünftig in Anspruch nehmen, sei es in der häuslichen oder stationären Pflege. 

Professionelle Pflegekräfte fühlen sich gesellschaftlich wenig wertgeschätzt und von der Politik im Stich gelassen. Ausgestattet mit einer Ausbildung, deren Qualität sie überdurchschnittlich schätzen, wird ihr Umfeld von Kontroversen geprägt. 

Pflegekräfte nehmen die personelle Ausstattung als unzureichend, digitale Innovationen kaum als Hilfe und einen Effekt des Pflegestärkungsgesetzes II so gut wie nicht wahr. Auch die zukünftige Qualität der Pflege sehen sie skeptisch. 

Kostenträger dagegen stehen mit ihrer Sicht dieser Dinge in einem klaren Kontrast. Aber auch Ärzte weichen mit ihrer deutlich positiveren Einschätzung der interdisziplinären Zusammenarbeit auffallend ab, die die Pflegekräfte in diesem Umfang so nicht realisiert sehen. Unterstrichen wird die unterkühlte Stimmung  schließlich von der Einschätzung zur wirt-schaftlichen Lage stationärer Pflege-Einrichtungen, die von neutral bis negativ schwankt. Ein deutlicher Kontrast zum ansonsten wachsenden, allgemeinen Wirtschaftsumfeld.

Themen in der Studie

2017 wurden erstmalig N=2.016 Repräsentanten des deutschen Pflegemarkts befragt: Pro-fessionell Pflegende, Pflegende Angehörige, langfristig Pflegebedürftigkeit, Ärzte, Apothe-ker, Kostenträger, Wirtschaftsunternehmen (Health & Non-Health), Verbände und Kommu-nen.

Kernergebnisse zur Nullmessung im Basisjahr 2017

  • Pflege sieht sich wenig wertgeschätzt: die professionell Pflegenden in den Pflegeeinrichtungen beurteilen die gesellschaftliche Wertschätzung ihrer Profession mit 56% am schlechtesten. Andere Befragte bewerten den Pflegeberuf mit 27% in geringerem Maße negativ.
  • Pflege fühlt sich von der Politik im Stich gelassen: alle Befragten sehen einen geringen Stellenwert der Pflege in der Politik – vor allem gilt dies für die professionelle Pflege selbst (91% versus 69% der restlichen Befragten).
  • Das PSG II enttäuscht und polarisiert: Pflege beurteilt das PSG II kritisch: 59% sehen noch keine Verbesserung im Pflegealltag, 19% sogar eine Erschwernis, wohingegen 46% der Kostenträger durch das Gesetz eine Erleichterung für den Pflegealltag sehen.
  • Stimmung zur wirtschaftlichen Lage schwankt von neutral bis negativ: stationäre Pflegeeinrichtungen geben ein neutrales bis negatives Urteil.
  • Innovationen kaum präsent: digitale Innovationen wie AAL sind noch nicht im Pflegealltag angekommen. 2/3 der professionell Pflegenden sehen in ihnen bis dato keine Hilfe.
  • Wahrgenommene Qualität der aktuellen Pflegeversorgung im Mittelfeld: 51% der Pflegeeinrichtungen geben ein mittelmäßiges Urteil.
  • Personelle Ausstattung der professionell Pflegenden wird kontrovers eingeschätzt: 80% der Pflegenden empfinden die personelle Ausstattung als unzureichend, wobei 45% der Kostenträger eine teilweise Erfüllung sehen.
  • Pflege sieht zukünftige Qualität der Pflegeversorgung gefährdet: 65% glauben nicht an die zukünftige Sicherstellung der Pflegeversorgung in Deutschland, während 49% der Kostenträger positiv in die Zukunft blicken.
  • Pflegeausbildung wird gut bewertet: 73% der professionell Pflegenden nehmen ihre Ausbildung als geeigneten Wegbereiter für ihren Arbeitsplatz war – im Kontrast hierzu steht das Pflegemanagement mit nur 35% Zustimmung.
  • Pflege ist Teamarbeit – aber noch nicht für jeden: die Realität in der interdisziplinären Zusammenarbeit wird unterschiedlich wahrgenommen: nur 22% der Pflegenden bewerten die Zusammenarbeit positiv im Vergleich zu Ärzte mit 44%.

Studiensteckbrief

Psyma Health & CARE: Psyma, das größte inhabergeführte Marktforschungsinstitut in Deutschland, ist exklusiver Marktforschungspartner des Deutschen Pflegetags in Berlin. Psyma CARE ist das spezielle Angebot für Marktforschung im Pflegemarkt.

In dieser Kooperation veröffentlichen wir ab Januar 2018 jährlich den Psyma CARE Klima-Index – deutschlandweit der erste ganzheitliche Stimmungsindikator im Wachstumsmarkt Pflege. 2017 wurden erstmalig N=2.016 Repräsentanten des deutschen Pflegemarkts befragt: Professionell Pflegende, Pflegende Angehörige, langfristig Pflegebedürftigkeit, Ärzte, Apotheker, Kostenträger, Wirtschaftsunternehmen (Health & Non-Health), Verbände und Kommunen. Im Mittelpunkt der 10-minütigen Online-Umfrage standen die Themen „Qualität in der Pflege & Personalsituation“, „Öffentliche Wahrnehmung & aktuelle Rahmenbedingungen“, „Innovationen“, „Versorgungslandschaft“ und „Wirtschaftliche Situation & Finanzierung“.