Ein neuer Trend: AAL – SmartHome für Senioren

27. Mär 2018 • News • usabilityblog.de • Trendforschung • Blog & Paper • Bau & Wohnen • Online & IKT & Elektronik

Motiviert durch den demographischen Wandel, eine verlängerte Lebensdauer und dem Wunsch der Senioren nach selbstständigem Wohnen hat sich der Bereich AAL (Ambient Assisted Living) aufgetan. AAL beschäftigt sich wie SmartHome mit dem Thema der Automatisierung im eigenen Zuhause, ist jedoch an der immer wachsenden Zielgruppe der Senioren orientiert.


Der folgende Blogeintrag möchte einen ersten Überblick über die Thematik und das breite Angebot an Produkten geben. Der zweite Teil des Beitrags beschäftige sich damit, was die Senioren selbst dazu denken und wo die Herausforderungen und Chancen für Nutzer und UX-Experten liegen.

Ein Tag mit AAL

Sobald Martha Weber (Anmerkung der Redaktion: fiktiver Name) morgens aus dem Bett steigt, beginnt die Kaffeemaschine und der Wasserkocher zu brodeln, die Lichter zum Bad gehen gedimmt an. Trotz des Winters ist es morgens mollig warm, denn die Heizung heizt schon seit einer halben Stunde. Mit einem Druck auf die Taste neben der Küchentür gehen alle Rollläden hoch und die Lichter – je nach Tageszeit – aus. Martha stellt die Pfanne auf den Herd, schaltet ihn an und will die Eier aus dem Kühlschrank holen. Doch scheinbar hat sie vergessen, sie aus dem Keller hoch zu holen. Sie macht sich also auf, in den Keller zu gehen. Da sie wegen der Kellertreppe etwas länger für den Weg braucht, schaltet der Herd automatisch wieder ab, denn der Bewegungssensor in der Küche hat einige Zeit keine Bewegung mehr wahrgenommen. Als Martha wieder aus dem Keller kommt, stolpert sie über die letzte Stufe und stürzt. Sie rappelt sich schnell wieder auf und in diesem Moment läutet das Telefon. Es ist ihre Tochter, die eine Nachricht ihres Sturzes auf ihr Smartphone bekommen hat. Zwar hat sie auch die Information, dass ihre Mutter gleich wieder aufgestanden ist, aber sie wollte sich trotzdem erkundigen, ob alles in Ordnung sei. Sie wohnt nur eine Autostunde weg, doch um mehrmals täglich vorbei zu kommen, ist es zu weit. Deshalb ist sie froh trotz der Entfernung immer zu wissen, ob es ihrer Mutter gut geht. Nach dem Frühstück beschließt Martha ein bisschen an die frische Luft zu gehen. Während sie gedankenversunken spaziert, bemerkt sie plötzlich, dass sie eine falsche Abzweigung genommen und die Orientierung verloren hat. Mit einem Tippen auf ihre Armbanduhr sieht sie, dass sie die nächste rechts abbiegen muss, um wieder auf den Weg nach Hause zu kommen. Die Smartwatch könnte sogar einen Notruf absetzen und wahlweise ihre Tochter oder gleich den Krankenwagen anrufen. Doch auf dem Nachhauseweg erinnert sie Martha nur daran, dass sie heute noch ihre Tabletten nehmen sollte.

Was ist AAL (Ambient Assisted Living)?

SmartHome ist in aller Munde und die Befürworter sprechen von finanziellen Einsparungen durch automatisch regulierte Heizungen, von mehr Sicherheit durch Kameraüberwachung und von mehr Komfort durch Sprachassistenten und automatische Rollläden.
AAL beschäftigt sich mit dem gleichen Thema der Automatisierung im eigenen Zuhause, ist jedoch an der immer wachsenden Zielgruppe der Senioren orientiert, die alleine leben wollen, aber durch körperliche oder kognitive Einschränkungen eher Hilfe brauchen könnten.
AAL steht für Ambient Assisted Living oder Alltagstaugliche (oder Altersgerechte) Assistenzlösungen. Es umfasst wie in Abbildung 1 zu sehen die Bereiche Energiemanagement, Entertainment & Kommunikation, Gesundheit, Gebäudesicherheit und generelle Hausautomatisation und Komfort.

Der Unterschied zwischen AAL und SmartHome

Der Unterschied zwischen SmartHome und AAL ist fließend, vor allem, wenn man davon ausgeht, dass nicht nur alte Menschen unterstützt werden müssen. Durch eine Krankheit oder eine OP können auch jüngere Menschen auf Unterstützung angewiesen sein. Generell kann man aber sagen, dass SmartHome betont, welche technischen Raffinessen zur Verfügung stehen, während bei AAL der Fokus auf der Einfachheit der Bedienung und einer altersentsprechenden Lösung liegt. Die Unterstützung wird genau da angeboten, wo Schwächen, wie eingeschränkte Mobilität, schlechte Sicht, schlechte Erreichbarkeit oder Vergesslichkeit bestehen.

Mit einem Beispiel erklärt, würde eine SmartHome Lösung dem Nutzer erlauben, per Tablet jede Jalousie im Haus einzeln graduell an die Lichtverhältnisse anzupassen. In einer AAL-Lösung hingegen würden dafür maximal zwei vorkonfigurierte und auf die Wohnung angepasste Zustände, sogenannte Szenen, angeboten werden. Mit einem Knopfdruck (oder sogar ganz ohne Zutun des Nutzers) würde dann beispielsweise die Szene „Abend“ aktiviert werden, die die Jalousien nach unten fährt, das Licht im jeweiligen Raum anmacht und die Türen verriegelt.

Warum AAL immer wichtiger wird

Der demographische Wandel in Deutschland ist unaufhaltbar und wird in ein paar Jahren seinen Peak erreichen, wenn die Baby-Boom-Generation in das Rentenalter kommt. 2008 waren vier Millionen Menschen 80 Jahren alt oder älter. Bis 2020 wird diese Zahl um 2 Millionen ansteigen. Verbunden mit der steigenden Lebensdauer besteht also ein politisches und wirtschaftliches Interesse, die alternde Bevölkerung so zu versorgen, dass sie möglichst lange selbstständig wohnen können. Pflegekräfte und auch die Angehörigen können so entlastet werden und den Senioren kann der Wunsch nach Selbstständigkeit erfüllt werden. Denn bei einer Studie, bei der 1500 Senioren befragt wurden, gaben 98 % an, dass sie gerne so lange wie möglich selbstständig zu Hause leben würden. 30 % davon wünschen sich jedoch Unterstützung in Form von sozialem Umfeld oder technischen Geräten.